Sonntag, 7. Oktober 2012

Aburi - Festival der Könige


Die dritte Woche in der Schule verlief im Vergleich der ersten 2 schon um einiges besser.  Wir mussten zwar einen Schüler eine Klasse zurückstufen, dadurch wurde aber das gesamte Klima verbessert und die Arbeit konnten wir flüssiger fortsetzten. In Mathematik hatten wir diese Woche auch ein Exam, das die meisten Schüler gut meisterten. Da wir in unserer Klasse 20 Schüler haben, müssen wir den Test auch 20-mal schreiben und das ist dementsprechend auch zeitaufwändig. Der Vorteil ist, dass wir jeden  Nachmittag frei haben und deshalb auch genügend Zeit haben um uns auf die Stunden vorzubereiten.

Die restliche Zeit am Nachmittag verbrachten wir entweder mit Lesen, Kanastern oder ich ging mal zu Saint Abraham um die Landschaft und die Ruhe zu genießen. Sein Stück Land, das auf einer kleinen Anhöhe in der Nähe des Dorfes liegt, ist ein riesen Garten den er als Selbstversorger bewirtet. Er hat eine enorme Ansammlung an Bäumen und die unterschiedlichsten Früchte. Nebenbei hat er noch Hühner und Ziegen die überall herumlaufen. Da er streng gläubig ist, muss diese Begegnung immer mit einem Gebet beginnen. Da ich der Religion eher skeptisch gegenüber stehe aber den Garten und den Ausblick zum Entspannen als optimal empfinde, lasse ich diese Prozedur gerne über mich ergehen. Ich habe persönlich nichts gegen Religion, finde es aber übertrieben, wenn man so sehr an Gott glaubt, dass man nur beten braucht um Geld zu bekommen. Naja da ich aber in diesem Fall mein eigenes Wohl über eine Meinungssache Stelle, schließe ich die Augen, senke meinen Kopf und denke an Dinge die mir Freude bereiten, während er seine Rede hält. Nach dem Gebet und einen Small Talk, schnappte ich mir den Sessel und wanderte Richtung Westseite des Gartens um die letzten Stunden der Sonne zu beobachten und meinen Gedanken freien Lauf zu lassen.

Am Freitag nach der Schule setzten wir uns noch zusammen um zu besprechen wann wir auf das Festival gehen sollten. Es war ein einwöchiges Festival, das von Montag bis Sonntag im Botanischen Garten, in der Stadt Aburi stattfand. Es war ein Zusammentreffen der Könige und Chiefs der Eastern Region und das gesamte Regierungskabinett war auch noch eingeladen. Im Anschluss war auf dem Gelände ein Reggae Festival oder man konnte in der ganzen Stadt feiern. Nach langen überlegen entschieden wir, dass wir erst am Samstag hinfahren wollen, dafür sehr zeitig, um die gesamte Parade zu sehen.
Nach wiederholten frühzeitigen schlafen gehen, ich hatte mittlerweile einen 10-Stunden Schlafrhythmus, standen wir am Samstag gegen halb 7 auf. Nach dem „Duschen“ und einem Kaffee machten wir uns mittels Taxi auf den Weg Richtung Aburi. Da wir mit ein paar anderen Dorfbewohnern auf das Festival gingen, fuhren wir gemeinsam hin. Wir hatten von Anfang an ein bisschen ein schlechtes Gewissen, da wir wussten, dass die ländliche Bevölkerung unter extremer Armut leidet und wir uns hin und wieder was kaufen wollten. Nach einer 20 Minütigen Fahrt, erreichten wir Aburi. Ich war 2 Wochen zuvor schon hier gewesen um den Botanischen Garten zu bewundern, der Unterschied zu diesem Wochenende war, dass die gesamte Stadt lebte. Eine unzählige Ansammlung an Leuten aus ganz Ghana hatte sich hier versammelt um den Traditionellen Fest beizuwohnen. Anfangs machten wir noch einen kurzen Rundgang im Garten bevor wir uns auf den Weg zur Stadt machten um noch ein paar wichtige Gebäude in Augenschein zu nehmen. Wir schlenderten gut 40 Minuten durch die Gassen, bis wir uns wieder auf den Rückweg machten. Am Festivalgelände angekommen luden wir die Leute aus dem Dorf noch auf ein Cola ein. Als ich kurz austreten ging, riefen mich gleich ein paar Leute zu ihnen, ich erklärte ihnen dass ich nach dem Klo gleich zu ihnen schaue. Gesagt getan, ging ich, nach dem ich mein Geschäft erledigte, zu ihnen und wir kamen gleich gut ins Gespräch. Es stellte sich heraus dass sie die Band sind, die heute Abend neben 14 anderen Bands auftreten. Nach ein paar wenigen Wortwechseln, gab mir einer der Band eine CD von ihnen, er meinte ich sollte sie in Österreich vorstellen. Ich erwiderte, dass ich kein Promoter bin und dass so gut wie 95 % der Plattenlabels in Österreich auf meine Meinung nicht achten (Diesen Satz habe ich netter formuliert, als ich ihn tatsächlich sagteJ). Er meinte, dass ich es trotzdem versuchen sollte und steckte mir die CD zu. Nach einem 20 Minütigen Gespräch, machte ich mich wieder auf die Socken um die anderen aufzusuchen. Als ich wieder zu den anderen stieß waren sie mit den Getränken schon fertig, und wir mussten nur noch zahlen.

Die Sonne stand am höchsten Punkt und ein Blick auf die Uhr gab mir auch noch Recht, es war kurz vor 12 und die Hitze drückte wie eine Last auf die Schultern. Wir sagten den anderen noch, dass wir Hunger hätten und machten uns dann kurzerhand auf den Weg zu einem Restaurant. Es war ein größeres Restaurant, das im südlichen Teil des Botanischen Gartens seinen Standort hatte. Als man es betrat merkte man schon, dass es eher gehoben war. Der vordere Teil war überdacht, gleich dahinter war eine Terrasse und von dort aus konnte man dann in zwei verschiedene Pavillons aus Beton mit offenen Fenstern in allen Richtungen gehen. Der rechte Pavillon war schwarz angemalt und der Linke Weiß, keine Ahnung ob  es grundlos oder instinktiv war, auf jeden Fall bewegten wir uns ohne Umschweife zu dem Weißen. Es war eine entspannte Atmosphäre und die Aussicht gleicht einem Bilderrahmen aus Bäumen. Es tat in diesem Fall auch gut, ein wenig Abstand zu haben, da man als Weißer einfach von jedem angesprochen wird, man würde auch gerne mit jedem reden aber die Meisten fragen, nachdem sie den Namen wissen, ob ich sie nach Österreich mitnehmen kann und dass ist auf Dauer einfach anstrengend. Nach dem wir Getränke bestellt hatten, gesellten sich weitere Obrunis (weißer auf Ghanaisch) zu unserem Pavillon. Sie waren aus Deutschland und unser Gespräch hielt sich in Grenzen. Ein leichtes Nicken und 2-3 Satzwechsel über die Kultur reichten schon und wir widmeten uns wieder der Umgebung und unseren Gesprächen. Obwohl dieses Restaurant eher zu den besseren gehörte (In Österreich würde es zu den mittleren zählen) waren doch leichte Verständigungsschwierigkeiten vorhanden. Als wir aber dann alles bestellt hatten und die Speisen unter Anwesenheit von Geiern aßen, (Nicht die anderen Besucher, da waren tatsächlich Geier) machten wir uns auf den Weg Richtung Festivalgelände, da wir die Parade schon hören konnten.

Es war ein riesen Aufkommen an Leuten die einen Gang bildeten. Zwischen den Leuten kamen sie dann, die Könige und Königinnen wurden auf tragbaren Sitzen, auf den Köpfen von vier Leuten durch die Menge getragen. Sie trugen alle die traditionellen Gewänder aus Stoff und waren von Kopf bis Fuß mit Schmuck aus purem Gold besetzt.  Gefolgt wurden sie von Leuten die monströse Tschembe Trommeln auf den Köpfen trugen und dahinter die Trommler mit den Sticks. Und wenn das 


nicht genug wäre wurde dann diese gesamte Gruppe noch von bewaffneten Leibwächtern oder den Militär begleitet, die die Menschenmenge  immer wieder zurückdrängten. Zwischendurch wurden sie heruntergelassen um die Menschen ein paar Hände zu schütteln und mit den Leuten zu reden. Die Reihenfolge der Ankunft wurde mit dem Rang belegt und dieser wiederrum mit dem Alter. Der letzte König der eintraf war von der gesamten Region der König. Um ihm wurde der größte Aufwand gemacht und die Securitys konnten ihn nur mit Müh und Not durch die Menge transportieren.  Die Parade dauerte ungefähr 1 Stunde. Während der Parade trafen wir den Vater eines Schülers der durch seinen Beruf als Arzt bessere Kontakte zu den Regierungsmitgliedern hatte. Wir gingen um die Menschenmenge herum und wollten uns zu den anderen Gästen stellen, als uns Emanuel (der Vater des Schülers) durch die Massen lotste und uns einen Platz in einem Zelt besorgte. Wir dachten uns nicht viel dabei und gingen mit ihm.

Wir saßen nicht mal 5 Minuten als er mich erneut holte und mich bat mit ihm auf das Gelände zu gehen wo die ganze Show abging. Ich spekulierte ob es in Ordnung gehe, weil dort nur Fotografen und Kameramänner herumliefen, folgte ihm aber dann wortlos. Er stellte mich irgendeinen Organisator vor, sprach ein paar Worte mit ihm und verschaffte mir kurzerhand einen Fotografenausweis. Ich wusste nicht richtig wie mir geschah, er sagte nur noch kurz, dass ich mit diesem Ausweis überall hingehen kann ohne dass ich mir was zu denken brauche. Da stand ich nun zwischen den anderen Fotografen und konnte das gesamte Ereignis aus nächster Nähe betrachten. Es war unglaublich um mich herum waren die Zelte aufgestellt, wo einerseits Regierungsmitglieder oder die Chiefs von den Städten und Dörfern saßen und andererseits ein paar Ghanaische Schauspieler und die Crew von Ghanas Next Top Model J

Ich packte die Situation am Schopf und begann gleich mit den Fotos. Es wurden unterschiedliche Tänze gemacht während im Hintergrund immer getrommelt wurde, es war herrlich. Die Könige saßen sich gegenüber in einer Reihe und ihr Häuptling am Ende auf einem Thron.  Als ich mich wieder zu den anderen gesellte um ein bisschen auszurasten, erfuhr ich, dass vor uns indische und chinesische Regierungsmitglieder saßen und schräg von uns der Amerikanische. In der ersten Reihe saß eine weitere indische Familie mit hohem Rang. Wir hatten dann die Möglichkeit zu den Königen zu gehen und ihnen die Hände zu schütteln und zusätzlich noch ein kleines Gespräch zu führen.


Es war ein unglaubliches Gefühl bei ihnen vorbeizugehen, weil ich das Gefühl hatte, mit der Geschichte Ghanas zu reden. Sie saßen alle mit ihren Stoffgewändern und einem Stock mit einer Goldenen Spitze da und hatten irgendetwas Weises an sich. Einer von ihnen fragte mich mit einem Lächeln im Gesicht ob ich ihn nach Österreich mitnehmen kann. Ich musste ihm mit einem Grinsen ablehnen und ihm erklären, dass ich nur ein Volunteer bin und kein politisches Amt ausführe. Er lachte kurz und ich ging zum nächsten. Vor dem ältesten König saß noch ein Junge der vielleicht 10 oder 11 Jahre alt war, die Geschichte erzählt, dass der Junge die Seele des Königs in sich trägt. Früher wurde das Kind nach dem ableben des Königs enthauptet um die Seele zu befreien, diese Maßnahmen werden heute zum Glück nicht mehr ergriffen. Als ich mich wieder zurückzog um mich wieder zu den anderen zu setzen, wurde schon das nächste Spektakel angesagt.

Da es nicht reichte, dass die Könige der Region kamen, musste natürlich auch noch der Präsident hinzustoßen. Die Zuschauer flippten komplett aus und die Fotografen stürmten um ein gutes Bild zu erhalten. Ich schaute kurz auf meinen Ausweis und dachte mir wenn die alle das so machen hau ich mich lieber auch gleich ins Getümmel, ich fühlte mich wie ein aufdringlicher Paparazzo aber nach dem ich nur einmal diese Chance bekomme, wollte ich sie direkt am Schopf packen. Ich knipste noch ein paar Mal ab und machte mich dann aus den Staub, da die anderen schon wieder unterwegs waren.


Da die Zeremonie somit eh schon fast am Ende war, berieten wir uns noch kurz und beschlossen, dass wir in die Stadt in einen kleinen Club gehen. Er war in einer Nebenstraße und der Eingang schien gar nicht wie eine Bar. Als wir ihn betraten, mussten wir nur auf die Rückseite gehen und dann die Stiegen hinauf. Da standen wir nun auf dem Dach eines Hauses mitten in der Stadt und aus der gut gefühlten Bar hörte man die Musik. Wir tranken kurz etwas und ich spielte mit Augustina (Kindergärtnerin in unserer Schule) eine Runde Billard. Wir verweilten eine gute Stunde dort, wollten aber dann zurück schauen weil es hieß, dass die Reggaenight um 8 anging. Als wir dort ankamen waren die noch nicht mal mit den Vorbereitungen fertig, also mussten wir übergangsweise eine andere Lösung finden. Augustina kannte noch eine andere Bar in der Stadt, also machten wir uns auf den Weg dahin. Die Stadt war mittlerweile überfüllt und der Verkehr war vollkommen zum Stillstand gekommen. Liegt zum Teil auch daran, dass es keine Bodenmarkierungen oder Ampeln oder eine STVO gibt. Die nächste Bar war randvoll gefüllt und man hatte wenig bis gar keinen Platz zum Stehen, beziehungsweise zum Tanzen. Der restliche Abend verlief dann eher weniger zufriedenstellend. Karin und Julia wurden ständig von irgendwelchen  Männern angegraben die gleich auf Anhieb in sie „verliebt“ sind und sie heiraten wollten. Ich im Gegensatz musste jedem 3. Erklären, dass es nicht in meiner Macht steht, dass ich jemanden nach Österreich mitnehme, aber das wurde irgendwie auch nicht richtig verstanden. Je später der Abend wurde desto schräger wurden die Leute, es rannten immer mehr betrunkene herum und hin und wieder waren auch Schlägereien. Zu guter Letzt kam auch noch ein heftiger Regen und wir mussten uns in einem Zelt unterstellen, wo die Gespräche und dann wie gehabt fortgesetzt wurden. Gegen 11 beschlossen wir dann dass wir uns ein Taxi nehmen und zurück ins Dorf fahren. Einerseits wurde schnell ein Taxi gefunden, andererseits gab es eine gewaltige Wartezeit, da der, wie vorher erwähnt, gesamte Verkehr zum Stillstand kam. Wir warteten gute 30 Minuten in einem Taxi und beobachteten wie die Leute von allen Seiten an uns vorbeischlangen.  Mit jeder Stunde die verging stieg auch gleich der Alkoholpegel, also eh ähnlich wie bei uns zu Hause. Als sich dann das Fahrzeug vor uns löste, musste ich noch kurz den Taxifahrer aufwecken und dann fuhr weiter die Straße entlang. Mit einer Eilgeschwindigkeit von 30 km/h machten wir uns auf den Weg nach Hause, hin und wieder dachte ich, dass das Taxi gleich auseinanderfällt, hat sich aber zum Glück nicht ergeben. Letztendlich saßen wir noch kurz bei uns auf der Terrasse und ließen den Tag Revue passieren, dann putzten wir noch schnell die Zähne und gingen Mützen. Im Großen und Ganzen werden die Wochen immer besser/schräger, bin schon gespannt was uns kommendes Wochenende erwartet
LG aus Ghana


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen